Eine Frage des Herzens - Heiko Scholz ber Mauerfall 11FREUNDE

Heiko Scholz, am 15. November 1989 fand dann das letzte Pflichtspiel der DDR gegen sterreich statt. Sechs Tage vorher war in Berlin die Mauer gefallen. Wo waren Sie da? Ich war im Wiener Praterstadion und habe Wolfgang Karnath, den Spher von Bayer Leverkusen, auf der Aschebahn herumlaufen sehen, in einem Fotografenleibchen. Der hat unsere Spieler

Heiko Scholz, am 15. November 1989 fand dann das letzte Pflicht­spiel der DDR gegen Öster­reich statt. Sechs Tage vorher war in Berlin die Mauer gefallen. Wo waren Sie da?
Ich war im Wiener Pra­ter­sta­dion und habe Wolf­gang Kar­nath, den Späher von Bayer Lever­kusen, auf der Asche­bahn her­um­laufen sehen, in einem Foto­gra­fen­leib­chen. Der hat unsere Spieler beob­achtet. Vor allem Ulf Kirsten und Andreas Thom. 

Wurde das Thema Trans­fers zu diesem Zeit­punkt inner­halb der Mann­schaft the­ma­ti­siert?

Nein, das hat jeder mit sich aus­ge­macht. Ich hatte mir am 9. November sogar noch einen neuen Wart­burg gekauft. Ich wusste ja, dass wir für zwei Wochen ins Trai­nings­lager düsen, da wollte ich den Wagen schon vorher gekauft haben. Ich war stolz wie Oskar, als ich von der SED-Par­tei­lei­tung den Zettel bekommen habe.

Wissen Sie noch, wie viel der Wagen gekostet hat?
Circa 35. 000 Mark. Der hatte einen Vier­takt­motor, das war das neu­este Modell. Am Morgen vor dem ersten Tag im Trai­nings­lager stand ich also stolz vor dem Aus­lie­fe­rungs­lager und habe gewartet, dass die end­lich öffnen. 

Kurz nach dem Mau­er­fall: Wurde da nicht in der Mann­schaft dis­ku­tiert, wie es wei­ter­geht?
Nein, da nicht. Aber meine Frau hat im Schuh­laden gegen­über der Niko­lai­kirche gear­beitet, dort wo sich die Leute zu den Mon­tags­de­mons­tra­tionen getroffen hatten. Erst fünf, dann zehn, später fünfzig, bis am Ende 100.000 Men­schen über den Leip­ziger Ring demons­trierten. Wahn­sinn. Uns Lok-Spie­lern hatte man ver­boten an den Demos teil­zu­nehmen. Aber wir sind trotzdem gucken gegangen. Ist doch klar, wenn da 100.000 Leute in deiner Stadt demons­trieren, da gehst du auch hin! 

Sie haben bei Lok in Leipzig gespielt, in einer Stadt, wo viel pas­sierte und die immer etwas freier war, als andere Städte, wie haben Sie die Wen­de­zeit da erlebt?
Ein Grund dafür, dass es etwas lockerer war, war die Messe. Die Stadt hatte immer viel West­kon­takt. Aber wenn einer aus meiner Familie geflohen wäre, dann wäre ich als Fuß­baller kaputt gegangen. Ich kannte einen Trainer aus der zweiten Liga, der ist über Ungarn weg und hat mich dann aus dem Westen ange­rufen. Ich sollte ihm ein paar per­sön­liche Sachen aus seiner Woh­nung holen. Also bin ich nachts um vier Uhr bei ihm ein­ge­stiegen. Die Stasi hat das mit­be­kommen, am nächsten Morgen wurde ich noch auf dem Trai­nings­platz ver­hört. Nur weil unser Klub­vor­sit­zender Peter Gießner seine Hand für mich ins Feuer gelegt hat, war die Sache bald ver­gessen. 

Wäh­rend Andreas Thom für 3,6 Mil­lionen Mark nach Lever­kusen wech­selte, sind Sie nach Dresden gegangen. Auch eine Frage der Ehre?
Nein, bei mir war es eine Frage des Her­zens. Ich war in Dresden vier Jahre auf der Sport­schule und mich haben sie mit 16 weg­ge­schickt. Ich war nicht gut genug und bin über den Umweg Chemie Leipzig, Lok Leipzig über­haupt erst groß geworden. Ich war der erste Mil­lionen-Transfer inner­halb der DDR, in Dresden hatte ich vor allem grö­ßere Chancen in der Bun­des­liga zu spielen.

In Dresden sind zur Wen­de­zeit Mil­lionen geflossen, bis heute weiß keiner, wo dieses Geld ver­sandet ist..
Für uns Spieler war es dort auf jeden Fall Luxus pur. Irgend­wann standen 30 nagel­neue Audi 80 vor dem Haupt­ein­gang, mussten dafür weder Steuern noch Ver­si­che­rungen zahlen. Es war die finan­zi­elle Unkenntnis, die Dynamo letzt­end­lich kaputt gemacht hat.

Am 12. Sep­tember 1990 fand dann das letzte Län­der­spiel der DDR statt. Trainer Ede Geyer hatte im Vor­feld arge Pro­bleme die Mann­schaft über­haupt voll zu bekommen. Haben Sie davon etwas mit­be­kommen?
Aller­dings, ich hatte einen engen Kon­takt zu den Natio­nal­mann­schafts­kol­legen im Westen, vor allem zu Kirsten. Die wollten alle nicht kommen und haben von ihren Mann­schaften auch keine Frei­gabe bekommen. Man muss dazu auch sagen, dass einige auf den Ein­satz ver­zich­teten, weil sie durch die stän­digen Que­relen der ver­gan­genen Jahre schlichtweg die Schnauze voll hatten, was das Thema Natio­nal­mann­schaft betraf. Ich muss ehr­li­cher­weise sagen, dass ich so zu einigen meiner Aus­wahl­ein­sätze gekommen bin – weil die Stars nicht wollten. 

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